Accademia Vergani

Family Office

Vergani. Vor knapp 130 Jahren begann die Firmengeschichte mit einem Comestibles-Laden an der Zentralstrasse 141 in Zürich. Heute leitet die fünfte Generation der Familie am selben Ort die Geschicke der Unternehmung. Flavia, Gianni und Luca erzählen aus ihrem Büroalltag, was sie antreibt, aufreibt und weiterbringt.

 

Es war eigentlich biologisch nicht wirklich vorgesehen und auch nicht zu erwarten. Dennoch ist es passiert: Reto Vergani ist (unbemerkt) älter geworden. Hinter den Kulissen haben seine Frau Jolanda und er ihre Kinder natürlich nicht erst seit gestern auf den Einstieg und die Weiterführung des Familienunternehmens vorbereitet. Familienunternehmen bedeutet: Familie und Unternehmen sind unzertrennbar. Manchmal ist das praktisch, manchmal zum Heulen. «Für meinen Vater war es immer das Schönste in einem Restaurant, wenn sich die Besitzer
zu uns hingesetzt und erzählt haben. Als Bub konnte ich das nie verstehen», erzählt Gianni. Heute weiss er längst, wie es sich anfühlt, wenn aus Kunden Freunde werden. Drei Geschwister, kurz beschrieben: Luca ist der Genaue, Flavia liegt die Ästhetik, Gianni mag das grosse Ganze. «Wir leiten drei Fachgebiete und kommen uns nicht in die Quere», sagt Flavia. «Wir vertrauen uns», sagt Luca, «So können wir wachsen», ergänzt Gianni. Und ihr Vater? Wird er kürzertreten können? «Ich wünsche es ihm», meint Gianni. Die Unternehmung Vergani ist am Wachsen, sichtbar wird das in Stallikon, wo in diesem Jahr die neue Lagerhalle eingeweiht wurde, die Gianni gerne als die grösste «Kommunikationsmassnahme» der Firmengeschichte bezeichnet. Viele interne Prozesse sollten nun Schritt für Schritt digitalisiert und optimiert werden. «Wenn wir Fehler vermeiden wollen, müssen wir uns dem stellen, denn die Abläufe sind noch nicht überall mit dem Volumen mitgewachsen», hält Gianni fest. «Papierloses Büro?», fragt Luca und antwortet gleich selbst: «Noch nicht!» Er ist es, der den Einkauf leitet, die Logistik plant, die Lagerbewirtschaftung managt und kontrolliert. Er ist seinem Vater im Alltag am nächsten, denn dieser steht täglich im Lager und wenn es sein muss, setzt er sich auch hinters Steuer eines Lieferwagens. «Wird ein Prozess durch die Digitalisierung nicht besser, müssen wir ihn auch nicht ändern», fordert Luca. «Einverstanden», sagt Flavia: «An solchen Diskussionen reiben wir uns.» Gut so. Wo Reibung, da Feuer – wo Feuer, da Leidenschaft. Und wenn es irgendwo tatsächlich brennen sollte, ist ihre Mutter zur Stelle. «Alle freuen sich, wenn sie kommt», erzählt Flavia: «Sie ist wie ein Joker, springt immer spontan ein, übernimmt das Telefon und entlastet das ganze Team. Auch als Nonna.» «Die Frage der Fragen war, ob wir ein eigenes Lager wollen oder nicht», wirft Gianni in den Raum. Die Antwort ist unübersehbar. Gemeinsam hat sich die Familie für diese Investition ausgesprochen und das macht die Philosophie und die Kultur der Firma Vergani überdeutlich spürbar. «Eine eigene Lagerbewirtschaftung und die eigene Logistik in unserem Heimmarkt sind für uns eine wichtige und elementare Kompetenz», sagt er. «Unsere Chauffeure kennen unsere Kunden, sie wissen alles, machen einen Umweg, reagieren flexibel und wenn es darum geht, in diesem Bereich einen Schritt besser zu sein als andere, dann machen wir diesen Schritt», sagt Luca und Flavia klinkt sich ein: «Wir wollen dieses Persönliche nicht verlieren, denn wir vertrauen unseren Mitarbeitenden, die eine grosse Nähe zu unseren Kunden und Freunden haben, das zeichnet uns aus, auch wenn das Thema Same Day Delivery zu einer echten Herausforderung wird.» Und was meint Gianni? «Bei uns beruht alles auf Ehrlichkeit und Vertrauen», sagt er und fügt an: «Und einen schöneren Vertrauensbeweis als jener, dass unsere Chauffeure an die Hochzeiten unserer Kunden eingeladen werden, gibt es aus meiner Sicht nicht.»

 Text: Andrin Willi | Bild: Torvioll Jashari | Quelle: Edizione Vergani 13